Bernbeuren, 10. Juli 2004. Der Schweizer Martin Siegrist hat seinem Namen alle Ehre gemacht und beim 2. Red Bull Almabtrieb die Weltmeisterschaft im Downhill Skateboarden gewonnen. In der ,,Stand-up-Disziplin siegte er vor dem Brasilianer Silva Douglas und dem Stuttgarter Bassi Haller. Mit Spitzengeschwindigkeiten von fast 95 km/h jagten die Longboarder den Auerberg hinunter. Insgesamt 6.000 Zuschauer verfolgten in den vier Tagen der Downhill-WM vom 7. bis 10. Juli 2004 das Geschehen an dem idyllisch im Alpenvorland gelegenen Aussichtsberg. Es waren zwei Welten, die beim Red Bull Almabtrieb am Auerberg aufeinander trafen – und sie verstanden sich bestens. Wie Außerirdische waren die 136 Teilnehmer der Downhill-WM im Allgäu gelandet und hatten ihre Zelte im Camp an der Auerbergkapelle aufgeschlagen. Sie gingen als Freunde, mit denen gut Kirschen essen ist. Diesen Eindruck konnte man jedenfalls auf der freitagabendlichen Party gewinnen, als ein Rentner mit einem Eimer selbstgepflückter Kirschen herumging und sie an die Teilnehmer verteilte, während im Hintergrund die Münchner Punkband Big Jim abrockte. Oder als ein ortsansässiger Bauer erzählte, dass er im ,,Karussell“, der spektakulärsten Kurve des Wettbewerbs, einen neuen Geschwindigkeitsrekord mit seinem Traktor aufgestellt hatte: ,,Bei 45 km/h fing der Anhänger zu schlingern an!“ Und wenn mitten in der ,,Ready? Set! Go!“-Hektik des Streckenfunks plötzlich der Satz auftauchte: ,,Kann mir jemand eine Sense organisieren? Ich muss neue Parkplätze anlegen!“ Parken und damit Stillstehen ist natürlich gar nicht das Ding der Downhiller, egal ob Skateboarder, Street Luger, Buttboarder, Dirt Surfer oder Gravity Biker. Aus fünfzehn Nationen und allen fünf Kontinenten waren sie ins Allgäu gereist, um erstmals in Deutschland die Downhill-WM der International Gravity Sports Association (IGSA) auszufahren. Auf der zwei Kilometer langen, mit über 2000 Strohballen und 1 km Fangzäunen gesicherten Strecke stellten die Stand-up Skateboarder mit 78 Teilnehmern das größte Teilnehmerfeld. Ihre Finals wurden am Freitag ausgefahren, nachdem sich zuvor 64 Fahrer für die Ausscheidungsrunden qualifiziert hatten. Sie traten in Zweier-Heats im KO-System gegeneinander an und lieferten sich spannende Kopf-an-Kopf-Rennen. Der Vorjahressieger und Worldcup Champion 2003, Stuart Bradburn aus Kapstadt, blieb im Achtelfinale gegen den Franzosen Clement Carné auf der Strecke. ,,Nein, ich bin nicht enttäuscht“, erklärte der junge Südafrikaner nach seinem Ausscheiden grinsend. ,,Ich bin hier um Spaß zu haben, und die Landschaft ist so schön und die Rennen sind so spannend, es ist fantastisch hier zu sein!“ Äußerst knapp fielen die Entscheidungen in den Viertel- und Halbfinals aus. Im ersten Halbfinale konnte sich Martin Siegrist gegen Clement Carné durchsetzen. ,,Alles läuft nach Plan!“, meinte der Schweizer danach zufrieden. ,,Seit Anfang der Woche bin ich heiß auf den WM-Titel.“ Das zweite Halbfinale entschied der Brasilianer Silva Douglas gegen Bassi Haller hauchdünn für sich, konnte aber verletzungsbedingt im Finale nicht mehr antreten, so dass Siegrist zum Weltmeister gekürt wurde. Immerhin konnte sich Douglas auf die Fahnen schreiben, mit 94,74 km/h den schnellsten Run aller Skateboarder hingelegt zu haben. Im ,,Kleinen Finale“ erkämpfte sich der 26-jährige Bassi Haller gegen Carné den dritten Platz und meinte danach erschöpft: ,,Das war eine große psychische Anstrengung! Ich bin sehr froh über den dritten Platz. Nachdem ich letzte Woche in der Schweiz einen Worldcup gewonnen habe, war das ein super Monat für mich!“ Rodelnde Zigarettenanzünder Die schnellste Disziplin beim 2. Red Bull Almabtrieb war der Street Luge. Die ,,Straßenrodler“ sausten auf ihren achträdrigen HiTech-Boards liegend mit bis zu 111,80 km/h durchs Ziel am Fuß des Auerbergs. ,,Wenn die bremsen, da kann man sich ein Zigarettle anzünden!“, kommentierte ein einheimischer Zuschauer ihre Zielankunft – beim Bremsen mit den gummibesohlten Turnschuhen stieg tatsächlich Rauch auf. Der Südafrikaner Leander Lacey siegte am Samstag im Finale vor den Franzosen Grégory Martin und Tristan Bieber. ,,Es war ein sehr enges Rennen, ich konnte mich an der zweiten Kurve durchsetzen und bin dann bis zum Schluss gerade noch vorne geblieben“, berichtete der Kapstadter und fügte hinzu: ,,Wir brauchen mehr Events wie diesen!“ Bei den Buttboardern, die liegend auf Longboards den Allgäuer Berg hinunterfuhren, siegte Grégory Martin vor Peter Eliot (Großbritannien) und Leander Lacey (Südafrika). ,,Es war superknapp“, konstatierte Martin anschließend erleichtert. Er war mit einigen befreundeten Fahrern aus dem Elsaß nach Bayern angereist. ,,Wir haben dieses Jahr viel trainiert und an unseren Boards gearbeitet, das hat sich ausgezahlt!“ Der Dillinger Jochen Baumann und der Kemptener Thilo Vögele hatten es bis ins Halbfinale geschafft und konnten sich am Ende die Plätze Sechs bzw. Acht sichern. Samstagabend stieg dann im Red Bull-Zelt unterhalb der Auerbergkapelle die heftige Siegerparty, bei der den Gewinnern das Preisgeld und die Almabtrieb-Kuhglocken überreicht wurden. ,,Alleine schon für diese Trophäe hat sich die weite Anreise gelohnt!“, freute sich der Brasilianer Silva Douglas. Ein Opfer gab es übrigens doch beim ,,gutnachbarlichen“ Zusammenleben von Downhill Racern und Allgäuer Landleben: Eine am Straßenrand grasende Kuh biss in ein Zeitmesskabel und fiel bewusstlos um. Aber schon nach wenigen Minuten konnten die Streckenposten des Red Bull Almabtrieb zum Start funken: ,,Kuh und Kabel wohlauf!“ Ergebnisse Standup Skateboard Men 1. Martin Siegrist (CH) 2. Silva Douglas (BRA) 3. Bassi Haller (GER) 4. Clement Carné (FRA) 5. Julien Jeanneret (FRA) 6. Adrien Barat (FRA) 7. Thomas Estrand (CAN) 8. Fabio Lamb (BRA) 9. Stuart Bradburn (RSA) 10. Aki Illegale (CH) Ergebnisse Standup Skateboard Women 1. Angélina Nobre (FRA) 2. Bettina Lugenbühl (CH) 3. Sarah Hodel (CH) Ergebnisse Street Luge 1. Leander Lacey (RSA) 2. Grégory Martin (FRA) 3. Tristan Bieber (FRA) Ergebnisse Buttboard 1. Grégory Martin (FRA) 2. Peter Eliot (UK) 3. Leander Lacey (RSA)“
Tags: