Titus Dittmann ist wieder für den guten Zweck, Skate Aid, in Afghanistan.Was er gestern in dem gefährlichen Land erlebt hat, erzählt Titus in seinem Tagebuch:
"Donnerstag, 4. Oktober 2012
Herat: Da hat sich einiges getan
Der Tag fing mal richtig Scheiße an – mit Flug verpassen in Kabul – und hörte mit einem gnadenlos guten Gespräch in Herat auf.
Nach 24 Stunden Anreise, einem harten Arbeitstag, incl. Rock-Konzert in Kabul und morgens um 5 Uhr raus aus dem Bett, um trotzdem den Flug zu verpassen, ist 4 Stunden Warten auf den nächsten Flug einfach nur der Horror. Am frühen Nachmittag konnten wir dann endlich in Herat abgeholt werden.
In Herat hat sich eine Menge Positives getan. Der Flughafen ist nicht mehr wieder zu erkennen. Kein Punk mehr im Freien beim Abladen des Gepäckwagens. Eine große wunderschöne Halle steht da plötzlich. Alles vom Feinsten und die Fahrt in die Stadt war ungewöhnlich komfortabel auf der spiegelglatten neuen Teeroberfläche. Die Luft war schon immer deutlich besser als im Kessel Kabuls und das Hotel steht immer noch unversehrt zur Verfügung. Die Stimmung in der Stadt wirkt schon fast zu friedlich und wir fühlen uns direkt wieder zu Hause.
Kinder, die skaten – bis kein Brett mehr da ist
Unsere afghanischen Begleiter haben mal schnell den Plan gewechselt ohne uns zu informieren. Eigentlich war Shoppen angesagt. Neue Kittel müssten eigentlich her. Aber wir sind ja flexibel und der neue Plan macht Sinn, denn morgen am Freitag ist ja hier der ,,Sonntag.
Also sitzen wir schon wenige Minuten später im Auto nach Karokh. Der Landesminister für Erziehung und Sport fährt uns persönlich und hat wichtige offizielle Verfügungen und Formulare dabei. Unsere afghanischen Begleiter halten dies für nötig und einer von ihnen ist zwei Tage vorher nach Herat und Karokh gereist, um alles vorzubereiten.
Entsprechend viel war auch im skate-aid Park los. So sehr die strahlenden uns freudig Willkommen heißenden Gesichter der Schüler und Lehrer das Herz erwärmte, so sehr waren wir auch geschockt über den Zustand der Skateboards.
Intensiver geshreddete Boards habe in den letzten 35 Jahren nicht gesehen. Von Nose und Tail sind noch 2 cm übrig geblieben. Mehr geht nicht, da die Rollen schon fast überstehen. Fehlende Kugellager sind auch kein Problem so lange die Rolle noch irgendwie rumeiert. Den Vogel hat das Board auf den anhängenden Bildern abgeschossen. Nach einem kompletten Bruch haben sich die Jungs 3 Latten besorgt, lange Nägel durchgeschlagen, die Spitzen krumm geschlagen und schon war es wieder Einsatz fähig. Einfach unglaublich.
Skateboard-Soforthilfe
Das zeigt wie auch hier das Skateboard die Kids zum ,,Brennen“ bringt. Mann, hat dieser Anblick gut getan (siehe Fotos).
Und noch etwas hat gut getan: zu sehen wie gut die Kids geworden sind. Der Kurze, den wir alle vom Bild mit Doppeldaumen hinter dem Brett stehend kennen, steht nun sicher drauf und ist förmlich verwachsen mit ihm, obwohl er immer größer und das Brett immer kleiner wird.
Wir hatten das Bedürfnis so schnell wie möglich die alten Boards mit unseren mitgebrachten auszutauschen. Doch zunächst war bei ca. 30 Boards erst mal Zusammenschrauben angesagt. Wir hatten aber nur einen Skate-Tool dabei und die Aktion drohte kurzfristig ins blanke Chaos zu kippen. Spaß hat es trotzdem gemacht und Maurice konnte super Fotos schießen.
Nach dem traditionellen Pflichttee mit Skateboard verantwortlichem Lehrer, Direktor, Bürgermeister und Minister haben wir uns überglücklich auf den Weg in den traumhaften Sonnenuntergang zurück nach Herat gemacht. Nicht ohne noch einen Termin mit Rateb in unserem Hotel zu vereinbaren.
Rateb ist ein sehr sympathischer älterer Herr, der in Herat aufgewachsen ist, in Freiburg Deutsch studiert und Jahrzehnte in Hamburg gelebt hat. Nach dem Tod seiner Frau ist er wieder nach Herat gezogen und hier extrem gut vernetzt. Er hat beste Verbindungen zur Universität und in die Regierung. Wir freuen uns auf seine Unterstützung. Morgen werden wir ihn in seinem Haus besuchen. Samstag begleitet er mich als Übersetzer zum Rektor der Uni und am Sonntag möchte er unbedingt mit nach Karokh.
Es grüßt aus Herat,
Euer Titus."
Mehr Einträge vom Tagebuch gibt es bei Skate Aid.
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