Für die nationalen Skateboard Verbände ist es eine große Überraschung: World Skate hat die Skateboard Weltmeisterschaft im Januar 2023 an die Vereinigten Arabischen Emirate vergeben.
Der deutsche Skateboardverband DRIV hat sich dazu geäußert:
Nachdem Worldskate, aus für uns nicht nachvollziehbaren Gründen, die im Jahr 2022 in Brasilien geplanten Weltmeisterschaften für Park und Street abgesagt hat, sind diese Veranstaltungen für alle überraschend in die Vereinigten Arabischen Emirate vergeben worden. Wir erwarten von WS, dass offengelegt wird, welche Gremien diese Entscheidung vorbereitet bzw. entschieden haben und welche Alternativen bestanden.
Wir halten die getroffene Entscheidung für nicht korrekt, weil es erhebliche Zweifel daran gibt, dass Skateboard Weltmeisterschaften in diesem Land mit unseren Vorstellungen von Skateboarding, seiner Kultur und den durch die weltweite Skateboardcommunity vertretenen Werten übereinstimmt. Die Skateboardkommission, aber auch der nationale Spitzenverband DRIV, dem wir angehören, ist der Achtung aller national und international anerkannten Menschenrechte verpflichtet. Diese sehen wir in dem seit dem 18. Jahrhundert von der AL-Quasimi-Dynastie autokratisch regierten Sharjah nicht gewährleistet.
Die Sportkommission Skateboard unterstützt die tatsächliche Durchsetzung der Gleichstellung aller Geschlechter und wirkt mit gezielter Frauenförderung auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. Sie begreift die Förderung von Vielfalt als Gewinn für Sport und Gesellschaft und verpflichtet sich, bei allen Maßnahmen und auf allen Ebenen die Strategie des Gender Mainstreamings anzuwenden sowie Integration und Inklusion umzusetzen, um Gleichstellung und Chancengleichheit im Sport zu sichern. All dies sind Ziele, die auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) vertritt.
Nach unseren Informationen werden diese Überzeugungen grundsätzlich in den VAE nicht geteilt bzw. sogar aktiv bekämpft. Es gibt Gesetze, die nicht mit unseren Werten übereinstimmen, so wird Homosexualität zum Beispiel in den VAE mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft. Generell werden LGBTQ-Personen durch das Strafgesetzbuch diskriminiert. Auch die Rechte der Frauen entsprechen nicht dem Standard, den wir uns für unsere Sportlerinnen wünschen und mit dem sie sich identifizieren. Die Presse- und Meinungsfreiheit ist eingeschränkt, insbesondere in den sozialen Medien, und wird in einigen Fällen auch mit Haftstrafen geahndet. Internationale NGO-Mitglieder dürfen nicht in das Land einreisen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Berichte, in denen deutlich wird, dass z.B. immer wieder Menschenrechtsverletzungen vor allem an Wanderarbeitern begangen werden, die vor allem für den Bau von neuen Gebäuden und Anlagen eingesetzt werden.
Ein weiterer für uns relevanter Punkt ist das Fehlen einer für uns sichtbaren und integrativen Skateboardkultur und -Gemeinschaft in diesem Land. Wir sehen keine historisch gewachsene Skateboardszene von Relevanz und einer gelebten Praxis, an der Skater*innen, ungeachtet des Geschlechts, gleichberechtigt teilhaben können. Die Entscheidung, Sharjah als Austragungsort zu wählen folgt in unseren Augen nicht sportlichen, sondern allein kommerziellen Erwägungen. Damit setzt sich leider auch in unserem Weltverband eine Tendenz fort (Fußball WM, Olympische Spiele in Russland und China), populäre sportliche Großereignisse an autoritär oder diktatorisch geführte Staaten zu vergeben, weil nur sie den Ansprüchen von World Skate Rechnung tragen können und wollen. Das Argument, damit Impulse für einen demokratischen Wandel zu setzen oder die jeweilige Sportart nachhaltig zu unterstützen hat sich bisher nicht erfüllt.
Wir erwarten, dass Entscheidungen von World Skate über die Vergabe von Qualifikationsveranstaltungen für die Olympischen Spiele 2024 in Paris in transparenter und partizipativer Weise unter Einbeziehung der Athlet*innenvertretung getroffen werden. Zentraler Maßstab für eine Vergabe muss eine vorherige offensive Auseinandersetzung mit der Menschenrechtslage im jeweiligen Austragungsland sein. Dies ist bisher nicht erkennbar.